Die Chronologie des Finanzskandals
http://salzburg.orf.at/news/stories/2565123/
Seit 6. Dezember 2012 hält der
Finanzskandal um möglicherweise 340 verspekulierte Millionen Euro
Steuergeld das Land Salzburg in Atem. Im Zuge der Aufklärung wurden
viele offene Fragen entdeckt. Hier eine kleine Übersicht.
9. Jänner 2013: Die entlassene
Referatsleiterin Monika R. beschuldigte bei ihren Einvernahmen ihre
Vorgesetzten schwer. Diese hätten Geschäfte gegen ihren Rat radikal
geschlossen und so Schaden in Millionenhöhe verursacht - mehr dazu in
R. beschuldigt Vorgesetzte. Gleichzeitig waren die Vollmachten von Monika R. sehr umfangreich, das zeigen die Unterlagen - mehr dazu in
Weitreichende Rechte von Monika R..
8. Jänner 2013:
Kolportierte 2,7 Milliarden Euro soll der Gesamtschuldenstand des
Landes Salzburg - inklusive des Wohnbaufonds sein. Doch man sollte die
Summe nicht überdramatisieren, sagt der Budgetexperte Gerhard Lehner -
mehr dazu in
Gesamtschulden rund 2,7 Mrd..
7. Jänner 2013:
Nach einem Zwischenbericht der Landes-Finanzabteilung hat das Land
„offenbar“ mit 597 Millionen Euro spekuliert, die es zuvor bei der
Bundefinanzierungagentur (OeBFA) aufgenommen hatte - mehr dazu in
Offenbar 597 Mio. Euro OeBFA-Geld „veranlagt“. Für ÖVP-Chef Haslauer ist diese vage Information „äußerst unbefriedigend“ - mehr dazu in
Finanzskandal: Bericht „unbefriedigend“.
6. Jänner 2013:
Nach Auskunft der Finanzabteilung tauchte bei Durchsicht der Unterlagen
eine neue Vollmacht auf - demnach gab es bei Geschäften mit der
Landes-Hypo keine Verpflichtung, Unterlagen auch an die
Landesfinanzabteilung zu schicken - mehr dazu in
„2003 wurde zweite Vollmacht ausgestellt“.
4. Jänner 2013:
Schwere Vorwürfe gegen das Finanzressort von David Brenner (SPÖ) kommen
von der ÖVP. Der Landesfinanzbeirat habe bereits 2008 von großen
Verlusten bei den Spekulationsgeschäften gewusst. Brenner weist das
zurück: Der Stand des Gesamtportfolios sei immer im Plus gewesen. - mehr
dazu in
Brenner: „Wusste nichts davon“ und
ÖVP mit neuen Vorwürfen gegen Brenner.
APA/Margret Schmitt
Entwicklung des Wertpapier-Portfolios des Landes Salzburg
3. Jänner 2013:
Über den Leiter der Landes-Finanzabteilung, Eduard Paulus, wird die
Suspendierung ausgesprochen. Er habe früher als bisher bekannt von den
Spekulationsverlusten gewusst, aber nichts gesagt, so die Begründung -
mehr dazu in
Finanzskandal: Paulus wird suspendiert.
Gleichzeitig
entbrennt rund um die „verschwundenen“ 445 Millionen Euro für den
Landeswohnbaufonds eine Debatte: Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sagt,
dass die beschuldigte Monika R. mit dem Geld spekuliert habe. Diese
weist das aber vehement zurück. Das Geld sei immer im Wohnbaufonds
gewesen. Die Politiker könnten nur die Zahlen nicht richtig lesen - mehr
dazu in
Finanzskandal: 445 Millionen „in den Bilanzen“
2. Jänner 2013:
Landeshauptfrau Gabi Burgstaller will als Konsequenz aus dem
Finanzskandal ein Spekulationsverbot, das auch in der Verfassung
verankert werden soll. Für Geldanlage-Geschäfte der Länder sollten
künftig möglichst die Experten der Österreichischen
Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) herangezogen werden. - mehr dazu in
„Spekulationsverbot in die Verfassung“.
30. Dezember 2012:
Die Grünen üben heftige Kritik am offiziellen Aufklärungsteam zu dem
Finanzskandal. Vor allem des Engagement des
Ex-Deutsche-Bank-Mitarbeiters Harald Kutschera und der Ithuba AG eines
Ex-Bank-Austria-Vorstandes sei „höchst problematisch“ - mehr dazu in
Für Grüne „Bock als Gärtner“.
28. Dezember 2012:
Noch-Finanzreferent Brenner legt eine Dokumentation über Manipulationen
in Sitzungsprotokollen vor. Demnach soll Monika R. 19 Protokolle des
Finanzbeirats nachträglich verändert haben, bevor sie sie dem
Rechnungshof weiterschickte. Die Beschuldigte wehrt sich umgehend
dagegen - das sei ihren Vorgesetzten bekannt und mit ihnen abgesprochen
gewesen - mehr dazu in
Dokumentation über Manipulationen vorgelegt.
27. Dezember 2012:
Die Untersuchungsteams werden öffentlich vorgestellt. Neben
Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie Landes- und Bundesrechnungshof
arbeiten auch die private Ithuba AG und Beratungsfirma
PricewaterhouseCoopers an der Aufklärung. Parallel dazu wird bekannt,
dass die beiden unabhängigen Experten im Landes-Finanzbeirat - Utz
Greiner und Lauri Karp - keine Konzession für Wertpapierdienstleistungen
haben sollen - mehr dazu in
Berater ohne Konzession aktiv.
24. Dezember 2012:
Noch-Finanzreferent Brenner bestätigt, dass die entlassene Monika R.
bei der Aufklärung der Geldflüsse helfen soll - mehr dazu in
Entlassene soll bei Suche nach Millionen helfen.
19. Dezember 2012:
Nun wird auch der Wohnbaufonds des Landes Salzburg genau unter die Lupe
genommen. Denn das Land hat bei der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA)
insgesamt 1,8 Milliarden Euro aufgenommen - doch bei rund 700 Millionen
Euro ist nicht klar, wohin sie genau geflossen sind - mehr dazu in
Täglich neue Löcher.
17. Dezember 2012:
Gegen Hofrat Eduard Paulus, Leiter der Finanzabteilung, werden nach
tagelanger Kritik Disziplinar-Erhebungen eingeleitet. Am Tag davor hatte
Paulus auch sein Amt als Präsident der Offiziersgesellschaft ruhend
gestellt - mehr dazu in
Disziplinarverfahren gegen Finanzhofrat.
14. Dezember 2012:
Landeshauptmann-Stellvertreter David Brenner (SPÖ) gibt seinen
Rücktritt bekannt. Er werde seine Funktionen in der außerordentlichen
Landtagssitzung voraussichtlich am 23. Jänner niederlegen - mehr dazu in
Finanzreferent Brenner tritt zurück.
APA/Franz Neumayr
David Brenner erklärte am 14. Dezember 2012 seinen Rücktritt
13. Dezember 2012:
Die Aufarbeitung des Skandals beginnt. Bis zum 16. Jänner soll dem
Finanzüberwachungsausschuss ein Bericht über den aktuellen Stand aller
Kredite, Veranlagungen, Derivate und Wertpapiere vorgelegt werden.
12. Dezember 2012:
In einer Landtags-Sitzung werden die bisher bekannten Auswirkungen der
Finanzaffäre besprochen. Es wird klar, dass es deutlich mehr
Derivatgeschäfte gab, als zunächst angenommen. Zudem werden
Finanzressort und Finanzabteilung unter die Kuratel des Landtags
gestellt - mehr dazu in
Landesfinanzen: Kontrolle durch Ausschuss.
APA/Barbara Gindl
Im Landtag am 12. Dezember 2012 wurde die Affäre heftig debattiert
10. Dezember 2012:
Ermittler des Bundeskriminalamts beginnen in Salzburg mit Vernehmungen
und Sicherstellungen. In einer Regierungssitzung einigen sich SPÖ und
ÖVP auf die weitere Vorgehensweise bei der Aufdeckung des Skandals. Am
Abend kündigt die ÖVP einen Neuwahlantrag an. Die SPÖ lehnt Neuwahlen
ab, die Grünen halten sie für notwendig. Die FPÖ, deren Stimmen für
einen Neuwahlantrag notwendig sind, wollen erst in der ersten
turnusmäßigen Landtagssitzung am 6. Februar zustimmen. Wahlen wären
damit Anfang Mai möglich - mehr dazu in
ÖVP stellt Neuwahlantrag im Jänner.
7. Dezember 2012:
Die Anzeige einer anonymen „Salzburger Beamtenschaft – deren aufrechter
Rest“ geht bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien ein. Die
Anzeige wurde bereits im November erstattet. Drei Tage später folgt die
Anzeige des Landes - mehr dazu in
Finanzskandal: Bereits im November Anzeige.
6. Dezember 2012:
Finanzreferent Brenner informiert den Koalitionspartner ÖVP und die
Öffentlichkeit und erstattet Strafanzeige. Im Raum stehen der Verdacht
der Untreue, des Amtsmissbrauchs und der Urkundenfälschung. Die Frau
soll "weisungswidrig spekulative Geschäfte getätigt“ und eigenen Angaben
zufolge dem Land Salzburg extrem hohe Bewertungsverluste in einem
inoffiziellen, ausschließlich von ihr selbst gemanagten Derivatportfolio
zugefügt haben. R. habe „nach vorläufigem Wissenstand“ in sechs Fällen
die Unterschrift des zweiten Bevollmächtigten elektronisch unter
Dokumente gesetzt und voraussichtlich 19 Protokolle über Sitzungen des
Finanzbeirates im Nachhinein verändert - mehr dazu in
Spekulation: 340 Mio. Landesgeld in Gefahr.
ORF
David Benner und Landesrechnungshof-Direktor Manfred Müller bei der Bekanntgabe des Finanzskandals am 6. Dezember 2012
5. Dezember 2012: Brenner sagt, an diesem Tag über mutmaßliche Urkunden- und Unterschriftenfälschungen der Frau informiert worden zu sein.
3. Dezember 2012: Landeshauptfrau Gabi Burgstaller wird - nach eigenen Angaben - über den Fall informiert.
28. November 2012:
Trotz ihres mutmaßlichen Geständnisses nimmt Monika R. an der Seite von
Brenner noch bei Beratungen im Budgetausschuss im Land teil. Das sorgt
später für heftige Kritik am Finanzreferenten - mehr dazu in
Kritik: Brenner hat Landtag „getäuscht“.
26. November 2012:
Paulus und der von der Deutschen Bank zum Land Salzburg gewechselte
Harald Kutschera informieren Brenner über den Verdacht, dass Monika R.
den Kauf von Wertpapieren auf Durchläuferkonten so verbucht haben
könnte, dass die Sache nicht auffällt. Am Nachmittag wird R. mit dem
Verdacht konfrontiert. Um 17.00 Uhr kommt es zu einer Besprechung im
Büro von Brenner. R. gibt vor allen Anwesenden an, dass sie in der
beginnenden Finanzkrise 2006/2007 eine Schieflage der von ihr in den
Vorjahren seit 2001 abgeschlossenen Derivate zur Kenntnis nehmen musste.
Sie habe darüber nicht berichtet, um Kollegen und Vorgesetzte zu
schonen. „Es sei ihr Ehrgeiz gewesen, diesen Verlust selbstständig
aufzuholen“, heißt es in einem Aktenvermerk zur Sitzung. R. glaube, dass
„aktuell nur mehr rund 340 Millionen Euro offen seien“, ein Betrag der
„leicht verdient“ werden könne.
15. Oktober 2012:
Der Anfang Oktober eingestellte Kutschera entdeckt, dass R. auch
Geschäfte im Verborgenen macht, die gegen die Richtlinien des
Finanzmanagements verstoßen und meldet das seinem Vorgesetzten. Offenbar
existieren zusätzliche 253 Derivatgeschäfte, die der
Portfolio-Rechenstelle der Deutschen Bank in Frankfurt nicht wie üblich
gemeldet wurden. Paulus informiert Brenner, der weist an, die Geschäfte
aufzulösen, so dies ohne finanziellen Schaden möglich ist. Das soll auch
passiert sein.
27. September 2012: Es kommt zu
einem persönlichen Treffen zwischen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und
Monika R. Die Frau spricht über ihre entzogene Vollmacht - eine Warnung
an die Landeshauptfrau über drohende Verluste gibt es nicht.
21. September 2012:
Die Referatsleiterin beschwert sich in einem E-Mail bei der
Landeshauptfrau, dass ihr alle persönlichen Rechte genommen werden und
ihr der Zugang zu den Daten verweigert wird. Sie hängt dem Schreiben
eine vorangegangene Korrespondenz mit Paulus an, der ihr vorwirft, in
ihrem Urlaub Geschäfte gemacht zu haben und sich nicht an Anweisungen
gehalten zu haben. In diesem Schreiben warnt R., dass vom Finanzbeirat
getätigte Empfehlungen im Zinsbereich dem Land mehr als 130 Mio. Euro
kosten werden.
17. September 2012: Die Referatsleiterin kehrt aus dem Urlaub zurück.
August/September 2012:
Die Finanzabteilung berichtet laut SPÖ mehrfach, dass die angewiesenen
Überprüfungen der Frau keine Auffälligkeiten gezeigt haben und das
Portfolio „sauber“ sein soll.
17. Juli 2012:
Paulus informiert Brenner telefonisch über wiederholte Verstöße. Brenner
erteilt eine schriftliche Weisung, der Mitarbeiterin mit sofortiger
Wirkung die Vollmachten für alle Finanzgeschäfte zu entziehen, ihre
Geschäfte zu prüfen, sämtliche Zugänge zum Landesnetz und dem
Handelssystem zu sperren. Die Frau wird für mehrere Wochen beurlaubt.
13. Juli 2012:
Der Leiter der „roten“ Finanzabteilung, der der ÖVP zugeordnete Eduard
Paulus, informiert den Leiter der „schwarzen“ Personalabteilung. Monika
R. habe klar gegen Richtlinien und Dienstanweisungen gehandelt und das
Vier-Augen-Prinzip verletzt. Paulus fordert den Personalchef auf, die
Frau „streng zu ermahnen und ihr für den Wiederholungsfall die Auflösung
des Dienstverhältnisses anzudrohen“. Die Personalabteilung kommt dem
nach.
Juli 2009: Der Rechnungshof kritisiert das
Ausmaß der Derivatgeschäfte im Land: Salzburg habe diese mit zu hohem
Volumen und zu hohem Risiko durchgeführt, ohne ausreichend über die
Gesamtrisiken informiert gewesen zu sein. Allerdings stellt der
Rechnungshof auch fest: Die Erträge aus den Derivatgeschäften haben den
Landeshaushalt zwischen 2002 und 2007 um 65,04 Mio. Euro entlastet.
Oktober 2008:
Einem Bericht der „Salzburger Nachrichten“ zufolge soll Paulus von
einer der involvierten Banken erfahren haben, dass alleine bei diesem
Institut ein Minus von über 30 Millionen Euro entstanden ist. Unklar
ist, ob Brenner davon erfuhr. Sein Terminkalender in diesem Monat nennt
keinen Bankentermin. Die Regionalbank forderte damals Garantien vom
Land. Paulus habe abgelehnt, mit dem Hinweis darauf, dass die Politik
ohnedies eingeweiht wäre. Eine andere Bank steigt ein - mehr dazu in
Spekulationsverluste seit 2008 bekannt?.
13. Dezember 2007
David Brenner übernimmt die Finanzagenden von seinem Vorgänger Othmar
Raus (SPÖ). Im Jänner 2008 gibt er den Auftrag, die Risikolimits weiter
zu reduzieren, am 13. März 2008 werden die Richtlinien vom Finanzbeirat –
ein Gremium bestehend aus dem Leiter der Finanzabteilung Eduard Paulus
und zwei externen Experten – weiter „verschärft“. Offenbar darf der
Verlust im schlimmsten Fall 90 Prozent des Barwerts nicht übersteigen.
Zuvor waren es 100 Prozent.
4. Juni 2007: Der
damalige Finanzreferent Othmar Raus erlässt "Richtlinien für das
Finanzmanagement“. So habe etwa eine monatliche Risiko- und
Barwertberechnung des Portfolios durch eine externe und unabhängige
Stelle zu erfolgen. Das „offizielle“ Portfolio hat laut SPÖ dabei stets
einen positiven Barwert gehabt.
6. Februar 2003:
Die Referatsleiterin R. erhält von LH-Stv. Eisl (ÖVP) eine Vollmacht für
eine Reihe risikoreicher Finanzgeschäfte. Ausdrücklich genannt werden
Future-Optionsscheine, Finanzterminkontrakte, Devisenoptionsgeschäfte,
Finanz-Swaps, Zinsbegrenzungsgeschäfte und „exotische Zinsderivate“. Es
gilt das Vier-Augen-Prinzip. Verträge und Bestätigungen sind von jeweils
zwei von drei Bevollmächtigen zu unterschreiben. Aus den risikoreichen
Geschäften dürften vor allem in den Jahren 2006 und 2007 enorme Verluste
entstanden sein.
2001: Salzburg beschließt unter
Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Eisl (ÖVP) die Einführung des
sogenannten Schuldenmanagements. Dabei werden Zinstauschverträge zur
Reduktion der Zinslast vorgenommen. Das Modell entpuppt in der Folge als
höchst lukrativ. Seit 2002 dürften dem Land auf diesem Wege Einnahmen
in der Höhe von über 150 Millionen Euro zugeflossen sein - mehr dazu in
Ex-Finanzrefent Eisl: „Bei mir keine Verluste“.
28. Februar 2000:
Die damals 28-jährige Hauptverdächtige im Salzburger Finanzskandal,
Monika R., wird Leiterin des Budgetreferats der Finanzabteilung des
Landes Salzburg. R. arbeitete seit ihrer HBLA-Matura 1990 beim Land
Salzburg. Parallel dazu absolvierte sie ein Jus-Studium.